Alltag mit Fohlen

Der stressige Alltag mit zwei Fohlen

So schön es ist, dass nun zwei Fohlen unsere kleine Familie erweitern – und dann auch noch selbst gezogen – so stressig und anstrengend ist es doch auch. Viele Privathalter entscheiden sich ja bewusst für ein selbst gezogenes Fohlen, weil die private oder berufliche Situation nicht genügend Zeit für die Stute zulässt. Wenn man aber vorhat, das Fohlen letztlich zu behalten, dann würde ich jedem aus Zeitnot heraus abraten, ein eigenes Fohlen zu ziehen. Die Zeit mit den Fohlen ist einfach unglaublich toll und einmalig und da sollte man auch genügend Zeit übrig haben. Die Bindung, die man gerade in den ersten Wochen und Monaten aufbauen kann, kann man nicht nachholen. Natürlich besteht die Möglichkeit, die trächtige Stute in einen entsprechenden Zuchtstall umzustellen und sie dort bis zum Absetzen stehen lassen, aber das war für uns keine Option und zum Glück auch nicht nötig, da wir einen geeigneten Stall mit entsprechender Erfahrung und entsprechender Boxengröße ganz in der Nähe gefunden haben. Aber dennoch gibt es auch hinsichtlich der Stallwahl bezüglich auf trächtige Stuten Kriterien, auf die man achten sollte. Diese habe ich in einem Extrabeitrag zusammengefasst.

Der Alltag im Stall

Mit einem Job, einem Haushalt und einer Familie ist die Zeit im Stall grundsätzlich schon beschränkt. Je nach Unterbringung des Pferdes müssen neben der eigentlichen Zeit mit dem Pferd auch noch Box, Futter, Weide/Paddock sowie Wasser gemacht werden. Ich brauche (vor den Fohlen) ca. drei Stunden im Stall, um beide Pferde zu bewegen und noch das drum herum zu bewerkstelligen – alles allerdings mit ziemlichem Zeitdruck, da viele Arbeiten rund um das Pferd einfach Achtsamkeit und Sorgfalt verlangen. Mit einem Fohlen war die Routine ja schon so ziemlich aus der Bahn geraten, jetzt mit zwei Fohlen geht unter vier oder fünf Stunden nichts. Alles erfordert immer zwei Personen: Der eine kümmert sich um das Fohlen, der andere um das Pferd. Schon Kleinigkeiten wie das Runterholen von der Weide sind kurz nach der Geburt extrem aufwändig, weil die kleinen Mäusen eben noch nicht 1A halfterführig sind und auch alles interessanter erscheint, als brav der Mama hinterher zu laufen. Den Aufwand – ich gebe es zu – haben wir maßlos unterschätzt! Zum Glück stehen wir nun in einem Stall, in dem das tägliche Abäppeln und Überstreuen der Box übernommen wird und wo die Stallbetreiberin sehr viel Know-how in Sachen Zucht mitbringt. Hätten wir die Fohlen jeden Tag selbst rausbringen und wieder reinholen müssen, hätten wir wohl schon nach kurzer Zeit kapituliert und die Pferde in einen Aufzuchtsstall umgestellt. In dieser Hinsicht der Zeitersparnis kann ich die Entscheidung pro Aufzuchtsstall oder Sommerweide durchaus verstehen und nachvollziehen. Hinsichtlich der Bindung zu den Fohlen gibt es aber nichts schöneres, als sie täglich zu sehen und Zeit mit ihnen zu verbringen. Das funktioniert aber natürlich nur dann, wenn Stute mit Fohlen eine sehr große, helle, luftige Box zur Verfügung steht und sie jeden Tag den ganzen Tag über draußen stehen und miteinander spielen können. 

Alles braucht länger

Jeder Hobbyzüchter wünscht sich doch letztlich ein freundliches, neugieriges, offenes Fohlen, was von Anfang hat viel Vertrauen gegenüber den Menschen mit sich bringt. Dieses Vertrauen erfordert aber viel Zeit und Geduld. Da das Nackenband bei Fohlen zunächst noch ungeschützt frei liegt, sollte Zug am Halfter und im Genick in den ersten Wochen unbedingt vermieden werden. Also bleibt nur das geduldige Führen und Warten, damit das Fohlen lernt, von alleine mit zu kommen. Was ihr in den ersten Wochen und Monaten aufgewendet haben, zahlt sich jetzt tausendfach im Handling mit den Fohlen zurück. Das Vertrauen, was die kleinen Mäuse einem entgegen bringen ist unglaublich. Nichts, was wir mitbringen oder mit was wir sie konfrontieren ist gruselig. Aus dem simplen Grund, dass sie uns völlig vertrauen, noch keine schlechte Erfahrung gemacht haben und weil wir selbst die Situationen eben auch nicht schlimm finden. Und dieses entgegengebrachte Vertrauen ist so wertvoll und so zerbrechlich, dass es einfach jede Sekunde und Stunde wert ist, die wir im Stall und mit den Pferden verbringen. Natürlich macht ein Aufzuchtsstall alles einfacher, aber ich wollte kein Fohlen ziehen, um es einfach zu haben, sondern um einen Freund fürs Leben zu gewinnen. Die ersten Tage, Wochen und Monate sind für die Prägung einfach ungemein wichtig. Was jetzt vermasselt oder versäumt wird, kann vielleicht nicht mehr nachgeholt werden. Nach dem Absetzen werden die Fohlen natürlich über den Sommer in Jungpferdeherden integriert, damit sie sich voll entfalten können.

Vertrauen zahlt sich aus

Während Auria quasi von Stunde 0 an mit offenen Armen durch die Welt spaziert ist und alles und jeden begutachten musste, war Corli absolut zurück haltend und schüchtern. Jeden Millimeter der Annäherung mussten wir hart erarbeiten mit ganz viel Geduld. Den entscheidenden Aspekt brachte dann das Zeitverbringen mit sich. Wir haben einfach stundenlang mit den Pferden auf der Wiese gesessen und irgendwann war er doch sehr neugierig – zumal Auria und Toni permanent bei uns waren. Mittlerweile ist Corli wohl der verkuscheltste von allen! Ich mag gar nicht daran denken, wie er sich wohl entwickelt hätte, wie scheu er später gewesen wäre, wenn man ihn direkt nach der Geburt auf eine 24/7 Weide gestellt hätte. So muss aber letztlich jeder für sich die best mögliche Entscheidung treffen. Ich wage zu behaupten, wir persönlich hätten es nicht besser machen können!

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