Von der Erwartungshaltung beim Reiten

Wenn´s einfach nicht klappen will

Es gibt zwischendurch immer mal diese Tage an denen eigentlich nichts funktioniert und gestern war so ein Tag. Am Wochenende war ich nicht da, also konnten die Ponys einfach mal ihre Freizeit genießen und vor allem die schönen, warmen Sonnenstrahlen. Gestern sollte es dann aber wieder losgehen! Also Ponys von der Weide geholt und fertig gemacht. Sunny war super gut drauf und hat prima mitgemacht, deshalb ‚musste‘ sie auch nur vielleicht 25 Minuten arbeiten. Mit Alin war ich genauso guter Dinge, was leider ein Irrtum war.

 

 

Ich habe ganz motiviert und langsam angefangen. Im Schritt viel Schulterherein und Schenkelweichen – da ist mir schon aufgefallen, dass sie irgendwie etwas faul ist was das Annehmen der Hilfen anbelangt, sprich sie hat nicht wirklich auf den Schenkel reagiert und auf meine Zügelhilfen schon gar nicht. Das hab ich zu Beginn auch erstmal auf die drei Stehtage geschoben und bin erstmal angetrabt: Leichttraben und viele große Wendungen, den Kopf und Hals schön nach unten arbeiten und in den Ganaschen mehr Flexibilität fordern (soweit es bei Haflingern anatomisch möglich ist). So tief wie sonst wollte sie sich nicht unbedingt dehnen, aber auch das habe ich auf die Stehtage geschoben und hab sie erstmal so weiter vorwärts-abwärts bewegt. Nach dem Leichttraben galoppiere ich meistens erstmal beide Hände ein wenig ab und damit fingen dann auch die Probleme an! Sie wollte weder den Kopf fallen lassen, noch den Rücken lockern, noch vernünftig unterspringen, noch weniger durchspringen und eigentlich überhaupt gar nicht galoppieren. Manchmal haben die Pferde ja auch einfach einen schlechten Tag und da muss man entweder drüber hinweg reiten oder am besten was anderes machen: vielleicht ausreiten oder Bodenarbeit oder longieren, aber meistens merkt man die ‚schlechte Tage‘ eben erst dann, wenn man bereits im Sattel sitzt und da ergreift einen dann urplötzlich der blinde Ehrgeiz und man ist ganz verbissen, wenigstens ein kleines Trainingsziel zu schaffen.

Ich hab mich gefühlt wie ein Reitanfänger, der sich dazu noch total blöd anstellt. Letzte Woche noch eine 7er Note in der A-Dressur und heute würde ich sogar im Einfachen Reiterwettbewerb versagen…im geführten Reiterwettbewerb…einem SCHRITT-Reiterwettbewerb!  Die Enttäuschung macht sich langsam breit und die Frage nach dem ‚warum‘, die Frage danach, warum eigentlich jetzt nicht das funktioniert, wie sonst und warum es bei allen anderen immer klappt. Ich kenne mich und bin in solchen Momenten nicht wirklich einfach zu beruhigen. Noch weniger kann ich in solchen Momenten Tröstungsversuche von anderen ab. Ich fühle mich so, als hätte ich das verdient. Aber Moment mal. Was eigentlich verdient?

Es ist doch alles gut! Ich habe mein über alles geliebte Pony und egal, wie doof das Zusammenleben und arbeiten auch manchmal ist, ich liebe sie trotzdem (auch wenn ich das in solchen Momenten nicht zugeben würde und lieber dieses verdammte Hobby verfluchen!). Und warum es gestern nicht so funktioniert hat? Weil ein Pferd, ein Pony, ein Hund oder ein anderes Tier eben nicht ‚funktioniert‘, sondern lebt und seinen eigenen Charakter hat. Und wenn ich auch mal genau hinschaue, funktioniert es bei allen anderen eben auch nicht immer und nicht immer super gut.

 

Bevor ich also ganz aufgegeben habe, bin ich einfach mal 10000 Schritte zurück und Schritt am hingegebenen Zügel auf der Zirkellinie geritten. Beim Kreuzen der Mittellinie hab ich dann spontan versucht mit anzuhalten – ohne Hände und nur mit meinem Gewicht und siehe da, das Pony steht wie eine 1! In genau diesem Moment wusste ich, was ich mache. Anstelle mich weiter zu ärgern und Alin gefrustet und enttäuscht zurück in die Box zu stellen, habe ich einfach kurzer Hand die Trense abgemacht und bin komplett ohne jegliche Verbindung zum Pferdemaul geritten – bewegt allein durch meine Gewichtshilfen und eine Gerte, die ich führend an ihren Hals gelegt habe. Schritt, Trab und sogar Galopp – das alles mit frei schwingendem Rücken und einem losgelassenen Pferd, was sich nach unten dehnt.

 

 

Da erkenne ich, dass das Problem an mir lag. Weil meine Erwartungshaltung einfach viel zu hoch war und ich mich dadurch fixiert und blockiert habe. So leicht und glücklich habe ich mich ziemlich lange nicht mehr im Sattel gefühlt. Glücklich schon, aber eben nicht SO glücklich auf eine besondere Art und Weise. Ich konnte Alin sogar im Trab auf gerader Linie über einige Trabstangen führen, ohne dass sie mir ausbricht. So feinfühlig ist sie also doch. Sie hat auch am Anfang den Schenkel und Zügel nicht verweigert, sondern viel mehr mich und meine Einstellung. Weil ich einfach zu viel wollte nach drei Tagen Pause und weil ich ganz falsch ran gegangen bin.

 

Als ich dann abgestiegen bin, habe ich mich für meine Dummheit bei ihr entschuldigt, hab sie noch einmal geklopft und sehe plötzlich alles viel lockerer:

 

 

Wenn´s halt irgendwann nicht mehr klappt, dann mache ich halt nur noch Freiarbeit! Aber bis dahin werde ich dieses ‚freie‘ Training jedenfalls öfter einbauen – Reiten soll Spaß machen und eigentlich reichen, um glücklich zu sein.

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