MFG

Mit freundlichen Grüßen dein Rückgrat

Wir Reiter sind anders. In vielerlei Hinsicht. Und obwohl wir alle das gleiche Hobby ausüben, kann man uns noch lange nicht in einen Topf werfen. Aber was mir in letzter Zeit immer wieder auffällt ist, dass der Großteil aller Reiter wirklich ziemlich durchtrieben ist. Natürlich kommen in einem Stall meistens rund 20 gackernde Mädchen zusammen, exkl. Reitbeteiligungen wohlgemerkt. Dass da dann auch mal der Haussegen schief hängt, liegt wohl auf der Hand. Auch die kleinen Lästereien gehören einfach dazu irgendwie, aber warum entdecke ich so viele Reiter in einer Adaption von Dr. Jekyll und Mr. Hyde wieder?

In der Grundschule war das noch ganz einfach, da hat man der ehemals besten Freundin einfach die Freundschaft gekündigt, wenn sie nichts von ihrem Schokobrötchen abgeben wollte. Heute allerdings werden erst detailliert alle Vor- und Nachteile im Kopf durchdacht und überlegt, in welcher Art und Weise man von diesem Menschen vielleicht noch profitieren kann. Hat zur Folge, dass man sich früher oder später in einem Netz aus Lästereien wiederfindet, aus dem man irgendwie nicht alleine rauskommt. Über diese ganzen Jahre im Reitsport und mit verschiedenen Stallgemeinschaften lernt man eben nicht nur mit Enttäuschungen umzugehen, die sich auf das Pferd beziehen, weil eben dies oder jenes nicht funktioniert hat, man lernt auch die Menschen viel besser kennen. Warum ist es gerade unter Reiter so schwer einfach ehrlich und nett zu sein?! Warum dem anderen keine Erfolge gönnen? Warum den anderen nicht aufrichtig trösten, wenn etwas nicht geklappt hat, anstatt sich heimlich ins Fäustchens zu freuen, dass derjenigen keine Schleife abbekommen hat? 

Warum den anderen nicht zum neuen Pferd beglückwünschen, anstatt heimlich nach Mängeln und Macken zu suchen, nur damit das eigene Pferd im Kopf 'höher gestellt' ist? Letztlich ist es doch völlig egal, was wir mit unseren Pferden machen und vor allem, was für Ziele wir mit unseren Pferden haben. Ich kann es nicht oft genug betonen, aber Ziele sind einfach etwas ganz persönliches und individuelles und nur, weil das eben nicht mit den eigenen Vorstellungen harmoniert, habe ich darüber noch lange nicht zu lästern. 

Die obligatorischste Frage, die neue Reiter sich gegenseitig stellen, ist wohl die:

"Und was für ein Pferd hast du?"

Und diese Frage ist zum Beispiel rein Rasse spezifisch gemeint. Da wird dann schon gleich ausgecheckt, in welche Schublade der andere gesteckt wird - ganz abhängig davon natürlich, was für eine Rasse das eigene Pferd ist. Aber grundsätzlich sind Warmblüter, vorzugsweise Hannoveraner, immer lieber gesehen. Da rotten sich die 'erfolgreichen' Turnierreiter am liebsten mit denen zusammen, die weniger Schleifen mit nach Hause bringen - tut ja dem eigenem Ego gut. Kaum ist man aber unabhängig voneinander unterwegs, werden sich einfach gleich neue Lästerbuddys gesucht und einfach mitgemacht - ganz gleich, ob es eigentlich gute Freunde sind oder nicht. 

Warum kann man nicht einfach mal mehr Rückgrat zeigen und zu dem stehen, was man denkt und gesagt hat? Ich glaube in einigen Ställen könnte man eigens eine neue Crime Serie einführen: Die einzelnen Episoden sehe ich schon förmlich vor mir:

"Die Entführung des Müslis"

"Die Lästerschwestern"

"Das dunkle Geheimnis"

"Die Legende um den Äppelhaufen in der Halle" usw.

Am Ende werden sich die Miesepeter immer gegenseitig zugeschoben, anstatt einfach mal aufrichtig zu sein. 

Am Ende sind meist immer Diejenigen die Leidtragenden, die mit der ganzen Geschichte eigentlich nichts zu tun haben. Schade, Reitsport - kein Wunder, dass wir  mit Vorurteilen überhäuft werden und immer weniger Kinder Lust haben, zu reiten...