Getreide in der Pferdefütterung

Hafer, Mais und Gerste in der Pferdefütterung

Getreide gehört in den Futtertrog, wie das Brot bei uns auf den Teller. Aber woher kommt der Trend zur Getreidefütterung und brauchen Pferde wirklich Kraftfutter und Müsli? In der modernen Pferdehaltung sind besonders zwei Trends zu beobachten: 24/7 Weide und Raufutter oder die  „klassische“ Sportpferdefütterung mit Getreide, Raufutter und begrenztem Weidegang. Wir geben Aufschluss über die grundlegenden Fragen zur Getreidefütterung.

Grundwissen

Das Futter im Allgemeinen lässt sich in drei Kategorien einteilen. Hierbei bezeichnet das „Kraftfutter“ alle Getreidesorten und Getreidemixe (Müsli). Neben den gängigen Futtermitteln, wie Hafer und Gerste, lassen sich aber auch Mais und Dinkel in den Futtertrögen finden. Alle Getreidesorten bestehen zum Hauptteil aus Stärke. Diese wird bereits im Dünndarm durch Enzyme in Zucker umgewandelt und gelangt als schnell verfügbare Energie in den Blutkreislauf. Je nach Getreideart variiert der Stärke und Kohlenhydratanteil. Zum Saftfutter gehört in erster Linie Gras. Aus ernährungsphysiologischer Sicht standen den Pferden früher aber nicht solche saftigen Wiesen zur Verfügung, wie heute. Es überwiegten lange Gräser und mageres Gras. Die Weiden heute sind in erster Linie so gezüchtet, dass sie den Ansprüchen für Wiederkäuer (Fleisch- und Milchwirtschaft) entsprechen: Viel Protein und Fruktan in kurzer Zeit. Auch Möhren und Äpfel gehören zum Saftfutter. Sie sollten aber lediglich als Leckerlie gegeben werden und keine Futtermahlzeit ersetzen. Dem Raufutter wird der wichtigste Aspekt der Pferdefütterung zugeschrieben. Heu, Stroh und karge Weiden werden vom Pferd für eine intakte Verdauung benötigt. Der Magen- und Darmtrakt ist auf eine konstante Nahrungszufuhr angewiesen, die im besten Fall durch Raufutter erfolgen sollte. Die Verdauung erfolgt im Dickdarm und kann beinahe zwei Tage dauern. Um also keinen Mangel in der Energielieferung zu erleiden, sollte den Pferden ganztäglich Raufutter zur Verfügung stehen. Auch ausreichendes Frischwasser sollte dem Pferd jederzeit zur Verfügung stehen. Hierbei sollte allerdings Abstand von Bach-, Brunnen- und Regenwasser genommen werden, wenn dieses nicht durch eine Untersuchung als ‚lebensmittelecht‘ gekennzeichnet wurde. Viele Pferde trinken in der modernen Pferdehaltung zu wenig. Das liegt zum einen am mangelnden Angebot von Frischwasser auf Paddock und Weide, zum anderen aber auch an der Qualität des Wassers. Die Qualität kann zum Beispiel auch durch falsche Behälter (schwarze Maurerkübel) beeinträchtigt werden. Diese riechen für das Pferd unangenehm und enthalten Weichmacher, die durch das Wasser gelöst und vom Pferd aufgenommen werden können. Auch die Selbsttränken sollten regelmäßig gereinigt und der Wasserfluss überprüft werden. Vielen Pferden dauert das Trinken aus Selbsttränken schlichtweg zu lange. Sie trinken also weniger, als sie müssten und wollen. Im Winter sollte darüber hinaus lauwarmes Wasser angeboten werden. Zu kaltes Wasser wird ungern genommen und verursacht schnell Bauchschmerzen und Verdauungsprobleme.

Evolutionstheoretische Sicht

Natürlich spielt bei der Fütterung auch die Haltung und die „Nutzung“ des Pferdes eine große Rolle. Wer die Getreidefrage nun aber mit „Früher haben Wildpferde auch kein Getreide gefressen“ abtut, liegt aber auch nicht ganz richtig. Aus ernährungsphysiologischer und evolutionstheoretischer Sicht haben die Urpferde vor mehreren tausend Jahren ohne das Zutun von Menschen gelebt. Sie ernährten sich also ausschließlich von Gräsern, Rinden, Moosen, Blättern und Samen. Der Körper und die Verdauung waren auf diese Nahrung angepasst. Für das Pferd war es überlebenswichtig mit karger Nahrung auszukommen, um auch Zeiten des Futtermangels zu überstehen. Mit der Domestizierung der Pferde änderte sich aber nicht nur der Lebensraum und das Nahrungsangebot, der greift quasi auch in die Evolution des Pferdes ein und züchtet es nach seinen Ansprüchen: robust, stark und ausdauernd sollte es sein. Die Leichtfuttrigkeit war kein Zuchtziel mehr.  Um dem heutigen Organismus des Pferdes gerecht zu werden, kann deswegen nicht auf die Nahrung der Urpferde verwiesen werden. Sie muss sich den Ansprüchen des heutigen, domestizierten Pferdes anpassen. Natürlich gibt es aber gerade auch beim Futterbedarf enorme Unterschiede hinsichtlich der Rasse und des Lebensraums (z.B. Islandpferde). Das konstante Nahrungsbedürfnis des Pferdes ist aber dennoch erhalten geblieben. Wer sein Pferd also so natürlich wie möglich füttern will, der muss Fresszeiten bis zu 18 Stunden pro Tag (abwechslungsreiche Nahrung) gewährleisten können. Der Mineralien- und Vitaminhaushalt sollte dennoch regelmäßig überprüft werden. 

Getreide - schnelle Energie und Sattmacher

„Den sticht der Hafer!“ – Ein Ausspruch, den bestimmt jeder Reiter schon einmal gehört hat, der aber nicht zu wörtlich genommen werden sollte. Natürlich liefert Getreide Energie. Der Fokus liegt hierbei aber eher auf der schnellen Energiezufuhr, die aber auch genauso schnell wieder abebbt. Viele Pferdehalter sind der Ansicht, dass ihr Pferd ohne Getreide im Trog nicht genügend Energie hätte. Meistens sind Mattigkeit und Lustlosigkeit des Pferdes beim Reiten aber eher ein Problem der mangelnden Motivation und Abwechslung. Getreide besteht zum Großteil aus Stärke, die im Dünndarm zu schnell verfügbarer Energie in Form von Zucker umgewandelt wird. So schnell, wie der Zucker in die Blutbahn gelangt und dem Pferd Energie liefert, umso schneller sinkt der Blutzuckerspiegel aber auch wieder. Für Situationen großer Belastung ist Kraftfutter also eine gute Option in Sachen Energielieferung. Auf Grund des schnell ansteigenden Blutzuckerspiegels sättigt Getreide auch deutlich schneller als Raufutter. Raufutter enthält proportional verglichen mit der Menge deutlich weniger wandelbare Energie als Getreide. Aus diesem Grund muss für die gleiche Energiemenge deutlich mehr Rohstoff aufgenommen werden. Zu dem dauert die Verdauung von Raufutter wesentlich länger – das Pferd frisst größere Mengen und wird dennoch nicht wirklich satt, weil der Blutzuckerspiegel nur langsam steigt. Aus diesem Grund haben Pferde, die ausschließlich Raufutter und Gras bekommen auch einen ‚Weidebauch‘ – Wasser und Rohfaser werden im Darm eingelagert, aber nur langsam verdaut. Zu große Mengen Kraftfutter sollten zum Sättigen aber dennoch nicht gegeben werden, da der Dünndarm nicht auf übermäßige Mengen Stärke ausgelegt ist. Ein weiterer Faktor hinsichtlich der Sättigung ist die Kauintensität und damit einhergehend auch die Fresszeit. Die gute Mischung aus Raufutter und Getreide macht es. Viele Müslis werden deshalb schon mit reichlich Raufaser angereichert, um den Speichelfluss und die Kautätigkeit anzuregen. Es wird schnell Energie geliefert, das Pferd ist gesättigt und dennoch ist der Verdauungstrakt durch den Raufaseranteil in Schwung.

Woher stammt die Getreidefütterung?

Mit dem Einsatz des Pferdes als Last-, Zug- und Kriegstier wurde auch die Ernährung des Pferdes drastisch geändert. Auf der einen Seite konnten die Bauern die Mengen an Raufutter, die ein Pferd benötigt, nicht aufbringen und auf der anderen Seite konnte der Arbeitsausfall des Pferdes (die Zeit, die das Pferd mit Fressen beschäftigt wäre) schlichtweg nicht hingenommen werden. Das Pferd wäre mit der urtypischen Ernährung also unwirtschaftlich gewesen. Desweiteren war die Arbeit auf den Feldern und vor dem Zug so anstrengend und kraftraubend, dass der Energiebedarf ausschließlich durch Raufutter nicht gedeckt werden konnte. Auch im Krieg mussten Alternativen zur natürlichen Nahrung der Pferde gefunden werden. Es wäre undenkbar gewesen, für jedes Pferd hunderte Kilogramm Raufutter mitzuführen. Die Alternative war Getreide: wenig Volumen, wenig Masse, wenig Gewicht und dennoch deutlich mehr Energie. Es war durchaus üblich, eine Getreideration von bis zu 8 Kg pro Tag und Pferd zu füttern. Eine Ernährung, die die Pferde auch heute noch krank machen würde. 

Fazit

Diese Frage hängt ganz von der Nutzung, der Rasse und der Haltung des Pferdes ab. Während Sportpferde häufig Zeiten höchster Anstrengung haben, verbringen viele Freizeitpferde den Großteil der Zeit auf dem Paddock oder der Weide bei moderater Bewegung. Um den Energiebedarf bei reinen Weidepferden zu decken, reichen Rau- und Strukturfutter meist aus. Das Futter von Sportpferden hingegen sollte dem Energiebedarf angepasst und mit Getreide angereichert werden, um eine Unterversorgung zu vermeiden. Auch das Krankheitsbild spielt bei der Getreidewahl eine entscheidende Rolle. So sollte bei der Fütterung von stoffwechselerkrankten Pferde zum Beispiel auf Getreide verzichtet werden. Hinsichtlich der Fütterung gibt es nicht nur die eine oder die andere Seite. Zur Beurteilung des richtigen Futters und der richtigen Fütterung spielen viele Faktoren eine wichtige Rolle, die alle mit einbezogen werden sollten, um das Pferd dauerhaft gesund zu erhalten.

 

Getreidefrei und trotzdem genug Energie?

 

Viele Pferde haben auf Grund schlechter Haltungs- und Fütterungsbedingungen Probleme mit dem Magen- und Darmtrakt. Ebenso nimmt auch die Zahl stoffwechselerkrankter Pferde zu.  Bei solchen Pferden sollte sich die Getreidefütterung im Rahmen halten oder sogar gänzlich aussetzen. Aber auch das muss im Sportpferdebereich keine Energieeinbuße bedeuten. Mittlerweile gibt es zahlreiche Sportmüslis, die auf Getreide verzichten. Das hat zum einen den Vorteil, dass die Kohlenhydrat und damit auch die Zuckerzufuhr verringert wird und zum anderen wird der Verdauungstrakt entlastet. Die Energie ergibt sich hier meist aus hochwertigen Ölen, Samen, Kernen und Reiskleie. Dadurch ist das Futter besonders reich an natürlichen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Zusätzlich kann auch Mariendistelöl die Futterration aufwerten. Öl hat den entscheidenden Vorteil, dass es dem Blut weniger Sauerstoff entzieht und die Glykogenspeicher effektiver auffüllen kann.

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