Eine neue Trense
Mit Sunny hatte ich schon oft das Problem, dass sie im Hals einfach zu "weich" ist und im Genick schnell abkippt. Das hat nichts mit einrollen oder einer starken Hand zu tun, vielmehr traut sie sich nicht an das Gebiss heranzutreten und entzieht sich im folgenden den Reiterhilfen. Das Ergebnis war eine zu tiefe Genickeinstellung, aus der man sie leider nur schwer wieder raus bekommen hat. Besonders in stressigen Situationen, wie auf dem Turnier, neigt sie sehr schnell dazu, zu eng zu werden. Auch, wenn ich weiß, dass nicht ich sie bewusst zu tief reite, trotzdem stört es mich in unserem Miteinander einfach. Ich möchte ja, dass sie mir vertraut und sich traut, an das Gebiss heranzutreten. In einem ersten Schritt sind wir so nun schon von einer normalen Wassertrense auf ein D-Ring Gebiss umgestiegen, was vieles bereits besser gemacht hat. Das Grundproblem blieb allerdings. Deswegen habe ich im Internet, Foren und auf Social Media nach Trensen bzw. Reithalftern gesucht, die speziell die Bedürfnisse von empfindlichen Pferden erfüllen. Trensen, die die Nervenbahnen aussparen, gibt es mittlerweile ja einige, aber das war bzw. ist leider gar nicht unser einziges Problem. Sunny hasst Druck im Genick und benötigt sehr viel Ohrenfreiheit. Darüberhinaus sollten die Riemen auch nicht zu dick und breit sein, damit sie einfach ein "freieres" Tragegefühl hat. Nach etlichen Empfehlungen und Tipps habe ich mich nun für ein neues Modell entschieden und die letzten 10 Wochen ausgiebig getestet...
Modell "Feeling" von BUSSE
Hier einmal für euch den Sitz der Trense direkt am Pferdekopf und dann die Grafik zu den jeweiligen Aussparungen mitsamt Erklärung. Im ersten Moment finde ich die Trense einem anderen Modell sehr ähnlich, bei genauerer Betrachtung gibt es aber einige - für uns sehr wichtige - Unterschiede. Diese Unterschiede fallen eigentlich am besten auf, wenn man die gängigsten Reithalfter mal gegenüber stellt:
Englisch-Kombiniert
ST - Zaum
"Feeling"
Alin trägt, neben ihrer Kandare, ein normales englisch-kombiniertes Reithalfter. Damit ist sie schon immer gut gelaufen und deswegen gibt es keinen Grund, das zu ändern. Sunny hingegen kommt mit diesen Reithalftern überhaupt nicht klar. Der Druck lastet fast gänzlich auf dem Genick und auch die Ohren haben nicht viel Platz. Das Ergebnis: unaufhörliches Kopfschütteln, verkriechen hinter dem Gebiss, einrollen.
Der St-Zaum sieht erstmal sehr "voll" aus. Optisch wirkt das Pferd also irgendwie etwas zugeschnürt. Durch den Ganaschenriemen, der mit dem Nasenriemen verbunden ist, wird allerdings der Druck vom Genick genommen. Allerdings sieht die Riemen sehr breit und massiv, was den Kopf wiederum sehr einengt und auch den Ohren nicht viel Freiraum lässt. Bisher war das die einzig vernünftige Zäumung, mit der wir überhaupt problemlos reiten konnte. Sunny hat zumindest nicht den Kopf geschüttelt, aber durch die massiven Riemen hat sie sich nie wirklich getraut, an das Gebiss und somit die Hilfen heran zu treten.
Das Modell "Feeling" von BUSSE ist dem ST-Zaum auf den ersten Blick recht ähnlich, aber bei genauerer Betrachtung gibt es doch etliche Unterschiede. Die Gemeinsamkeit liegt erst mal ganz klar im zusätzlichen Ganaschenriemen, der den Druck vom Genick nimmt. Ansonsten bietet die "Feeling" aber viel mehr Komfort für das Pferd und ist auch viel durchdachter:
- Der besondere Clou liegt in der Teilung des Genickstücks. Die beiden Seiten werden durch einen zusätzlichen Ledersteg zusammengehalten, der jeweils durch Schnallen individuell einstellbar ist. Somit "schwebt" der Riemen quasi über dem Genick und es lastet mittig überhaupt kein Druck darauf. Die Druckverteilung erfolgt dann beidseitig durch große runde Lederstücke, die extra weich unterpolstert sind und die Ohrenpartien aussparen.
- Durch den nicht vorhandenen Sperrriemen ist der auch der sichere Sitz des Nasenriemens gewährleistet und das empfindliche Nasenbein, was vorne nur wenige Millimeter dick ist, wird entlastet und geschont.
- Der Kinnriemen hält das Gebiss dazu ruhig in seiner Position ohne die Maulwinkel einzuklemmen.
- Wie man auch gut sieht, sind die Lederriemen anatomisch geformt. Das bedeutet, sie berücksichtigen den Verlauf der Hauptgesichtsnerven und sparen die Nervenpunkte gezielt aus. Ein wichtiger Punkt stellt zum Beispiel der Bereich hinter der Maulspalte dar, wo normalerweise der Nasenriemen verläuft.
Kurzes Video zur "Feeling"
Reitgefühl
Bei der Auswahl von neuem Equipment spielen meiner Meinung nach mehrere Faktoren eine Rolle. Equipment nur wegen eines neuen Trends oder wegen der Optik auszusuchen, würde für mich niemals in Frage kommen. Ich finde es kommt immer darauf an, womit sich Pferd (und Reiter) wohlfühlen. Wenn man das Equipment wechseln möchte, stellt sich also erstmal die Frage, warum man überhaupt wechseln möchte.
Was stört einen zum Beispiel an der alten Trense, wie fühlt sich das Pferd damit, wie reagiert es auf Hilfen, was funktioniert vielleicht nicht so gut oder was möchte man eventuell verbessern. Läuft das Pferd mit einem englisch kombinierten Reithalfter gut, man möchte nur ohne Sperrriemen reiten, dann gibt es mittlerweile Trensen, bei denen man den Sperrriemen komplett abmachen kann. Auf dem Turnier wäre es zum Beispiel nicht konform, wenn man lediglich den Riemen ablässt, die Schnalle für den Sperrriemen aber weiterhin an der Trense belässt. So gibt es fast für jedes Bedürfnis die passende Ausrüstung. Beim ST-Zaum hat uns zum Beispiel das "massive" gestört. Sunnys Kopf war irgendwie eingeengt und zugeschnürt. Der Druck war zwar schön vom Genick genommen, aber dafür war die Trense zu "schwer" für Sunnys sensiblen Kopf. So hat sie sich häufig hinter dem Gebiss verkrochen, war zu tief und hat sich nicht getraut, an das Gebiss und an das Reithalfter heranzutreten. Besonders in stressigen Situationen, wie auf dem Turnier, haben wir dieses Verhalten besonders gemerkt. Wir wollten also eine Trense, die das Genick und die Ohrenfreiheit berücksichtigt und dazu möglichst filigran ist. Bekommen haben wir eine Trense, die zusätzlich noch die Nervenbahnen berücksichtigt und das Nasenbein schont. Letztlich kann man Equipment nur wirklich aussuchen, wenn man es entsprechend testet und nutzt. Ich bin fast 10 Wochen stillschweigend mit der neuen Trense geritten bis ich wirklich ein erstes Fazit abgegeben habe. Auch Pferde müssen sich an Umstellungen erst langsam gewöhnen. Man kann zwar meist beim ersten Reiten Unterschiede feststellen, aber ob diese auch dauerhaft positiv bleiben, bleibt abzuwarten.
Mit der neuen Trense habe nun nicht nur ich ein gutes Reitgefühl, sondern auch Sunny fühlt sich sichtlich wohl. Sie tritt an das Gebiss heran, trägt den Kopf schön aufrecht und meine Hilfen kommen einfach viel besser durch. Ich kann einfach viel schöner und vor allem leichter mit ihr kommunizieren. Auch im Gelände, wo sie ja doch immer sehr viel go hat, kann ich nun deutlich besser einwirken. Wenn sie früher im Galopp losgegangen ist, hatte ich doch immer etwas bammel und bin mit den Zügel lieber mehr dran geblieben. Mit dem neuen Reithalfter kann ich endlich mal los lassen und weiß ganz sicher, dass ich jederzeit mit meinen Hilfen durch kommen kann. Ich bin einfach rundherum zufrieden mit meiner Wahl.
Kommentar schreiben